Was Deutsche aus Angst vor Coronavirus bei Amazon bestellen
Deutschland bereitet sich auf eine COVID-19 Epidemie vor – und bestellt die Ausrüstung bei Amazon. Was dort neuerdings geordert wird, lässt auf große Ängste schließen. Der Virus macht Deutschland zum Prepper-Land. Ein Blick in die Coronavirus-Verkaufstrends.
Wenn ich in ein anderes Land reise, gehe ich gerne in Supermärkte. Denn die Zusammenstellung der Waren – was ist wie prominent platziert, wovon findet sich eine ungewohnt große oder kleine Auswahl – gibt mir einen kleinen Blick auf das Leben durch jene Dinge, die die Menschen in ihrem Alltag brauchen oder zu brauchen glauben.
Wenn ich aber nicht tief in die regionale Kulturgeschichte der Haushaltsführung eintauchen will sondern erfahren möchte, was die Menschen aktuell bewegt, dann helfen Live-Daten, dann helfen aktuelle Verkaufsrankings, dann lohnt ein Blick in den großen Online-Supermarkt, der fortlaufend Inventur macht: Amazon.
Weil es dort fast alles gibt und dieses fast alles auch bestellt wird (2019 hat Amazon in Deutschland 22,23 Milliarden Euro Umsatz gemacht, zum Vergleich: Rewe-Gruppe 38,2 Mrd, MediaSaturn 21 Mrd) bieten die Daten einen groben Blick auf das, was die Deutschen aktuell brauchen oder zu brauchen glauben.
In diesen Wochen lenken die Nachrichten um den Coronavirus und dessen Ausbreitung in Deutschland das Interesse der Einwohner. Stand jetzt (27.2.) haben acht der zwölf meistgegoogelten Begriffe in Deutschland mehr oder weniger mit dem Virus COVID-19 zu tun.
Gestern kamen zwei Freunde von mir unabhängig voneinander auf das Thema Lebensmittel lagern. Wir diskutierten die Checkliste des Bundesamts für Bevölkerungshilfe und Katastrophenschutz und welche Lebensmittel man demnach kaufen soll, ob die Notration auch schmecken kann und über die Zivile Notfallreserve der Bundesregierung, mit der im schlimmsten Fall die Bevölkerung ernährt wird.
Bei Amazon für die Coronavirus-Epidemie vorsorgen
Andere Leute in Deutschland reden nicht nur – sie handeln, sie kaufen, sie sorgen vor – das zeigen die Daten von Amazon. In der Bestseller-Übersicht des Online-Händlers gibt es eine Liste für die „Aufsteiger des Tages“. Dort werden jene Produkte gezeigt, die bei Amazon in den letzten 24 Stunden im Verkaufsranking am weitesten aufgestiegen sind – sprich: welche Produkte plötzlich häufiger bestellt werden.
Hier zeigt sich die Sorge vor dem Coronavirus selbst und seinen immanenten Folgen auf das alltägliche Leben. Bishin zur Vorbereitung auf den Breakdown.
Naheliegende Artikel bei einer Grippe-Situation sind Desinfektionsmittel (im Beauty-Bereich sind Verkäufe von Sagrotan antibakterieller Handseife mit süßem Beerenduft und Handgel für unterwegs um 1200 Prozent bis 2100 Prozent angesteigen), Mundschutze (unfassbare 60.000 Plätze ging es für die GerTong OP-Mundschutzmasken mit Nasenbrückendesign im Ranking nach oben – und das ohne jegliche Bewertung: die Verzweiflung muss groß sein) und Fieberthermometer: das Braun Digital-Thermometer PRT 1000 (9,99 Euro, +324 Prozent Verkäufe, +170 Plätze vs Geratherm analoges Fieberthermometer ohne Quecksilber (12,99 Euro, um 400 Plätze hoch).
In der Auto-Abteilung stieg ein Laserthermometer um 450 Plätze – entweder nutzten hier techaffine Väter die Gelegenheit, das Notwendige mit etwas Gadgetfun zu kombinieren – oder es waren Pessimisten, die „ohne Berührung genauste Ergebnisse auch in größeren Abständen“ (in den Bewertungen ist von brauchbaren Temperaturmessungen aus 10 Metern Entfernung die Rede!) schätzen, wenn sie entscheiden müssen, ob ein potenziell infizierter Fremder in ihr Lager der Gesunden kommen darf.
Was essen Deutsche an apokalyptischen Tagen?
Für den Fall einer Katastrophe, in der Lebensmittel nur noch schwer zu bekommen sein werden, empfiehlt der Katastrophenschutz: „Sorgen Sie daher für einen ausreichenden Vorrat. Ihr Ziel muss es sein, 10 Tage ohne Einkaufen überstehen zu können.“ 2200 kcal decken im Regelfall den Gesamtenergiebedarf eines Tages ab, gucken wir also mal, womit sich derzeit die Online-Shopper bei Amazon die 22.000 kcal zusammenholen, um sich den Magen vollzuschlagen.
Die aktuelle Amazon-Prepper-Speisekarte:
- Roggenvollkornbrot in Schmuckdose, 500g (+74.247%) = 900 kcal
- Alnatura Bio Mais, eingelegt, 340 g (+4769%, ausverkauft) = 289 kcal
- Solimo Basmati- Reis 4er-Pack (4x1kg) (+4747%) = 14.240 kcal
- Michter’s US 1 Bourbon Whisky (1 x 0.7 l) (+1935%)= 1590 kcal
- 10 x 170 g Bundeswehr Roggenschrotbrot in der bekannten silbernen BW Dose (+1022%, ausverkauft) = 1700 kcal
- Volleipulver Premiumqualität sprühgetrocknet 1kg (+931%, ausverkauft) = 5762 kcal
- Runtime Next Level Meal Banane – vollwertiger Mahlzeitersatz für langanhaltende Sättigung (+826%) = 4326 kcal
Nicht so richtig beurteilen kann ich als Nicht-Vater den Vorgang in der Amazon-Babyabteilung: Fällt dort die durchschnittliche Verdoppelung der Verkäufe von Aptamil, Hipp-Gläsern und Freche Freunde Obst (+281 Prozent) noch unter normale Schwankung oder ist das schon Kategorie Bunkern für den Coronavirus?
Stromversorgung in Zeiten des Coronavirus
Gut wenn man in weiser Voraussicht den Matrix 160100034 PG 2000i-USB Inverter Stromgenerator mit 4 Takt Motor (125 Prozent häufiger verkauft) rechtzeitig hat liefern lassen. Das Ding macht mit einer Tankfüllung sechs Stunden lang Strom, und das bei nur 56 Dezibel – mein Siemensstaubsauger tönt 74 Dezibel bei voller Last! Am besten kauft man dazu direkt neue 20-Liter-Benzinkanister (3er-Set für 34,99. 125 Prozent mehr Verkäufe), dann kann man jemanden nach Stöckchenziehen losschicken, um Sprit von den verlassenen Tankstellen zu holen.
Wenn aber das Laserthermometer dann später beim Entsandten erhöhte Temperatur feststellt, weder er noch das Benzin ins Lager kommen, und so der Strom nun zur Neige geht – wie bleiben dann alle darüber informiert, ob die Lage da draußen irgendwann wieder sauber ist?
Keine Sorge: Denn im Zelt liegt ja ein niegelnagelneues Notfall-Radio in orange (+324 Prozent) oder grün (+291 Prozent) das wahlweise mit Kurbel oder Sonne, auf jeden Fall nachhaltig, betrieben werden kann. Hoffentlich sitzt dann auch noch jemand in den Funkanstalten und sendet News und die besten Hits der 80er, 90er und das beste von heute. Das Duronic Ecohand Dynamic Radio trendet zwar auch, aber ist wegen der „blechernden Tonqualität“ anscheinend nicht zu empfehlen.
Dass sich die Verkaufzahlen des 40er-Packs Mignon-Batterien (für Walkman, Fernbedienung, Nasenhaartrimmer) und Varta Monos (Badezimmerradio, ferngesteuertes Auto) und des 14W-Solarladepanels (damit kann man eine Bluetoothbox laden – dann ist der Ton der Duronic egal!) um 60 bis 80 Prozent erhöht haben, ist sicher nur Zufall.
Wir sehen, man kann sich bei Amazon recht gut für den Coronavirus-Lockdown rüsten. Aber mal wirklich, liebe Neuprepper: Ihr wollt euch bei der Vorbereitung auf die Apokalpyse doch nicht wirklich auf die Zustellung des DHL-Boten verlassen, oder?
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